Zahnarztpraxis Dr.med.Dr.med.dent. Rudolf Maier
ZahnarztpraxisDr.med.Dr.med.dent. Rudolf Maier

Implantate

 Unter einem Implantat versteht man eine künstliche Zahnwurzel meistens aus Titan, die operativ in den Kieferknochen eingepflanzt wird.

 

Titan wurde über Jahrzehnte als besonders biokompatibel und korrosionsfest beschrieben. In letzter Zeit ist das Material wegen möglicher Korrosion und nachfolgender Entzündung im Gewebe um die Implantate in das Blickfeld geraten. Titanpartikel können sich durch mechanischen Abrieb und/oder korrosive Ereignisse vom Implantat ablösen. Sog. Makrophagen reagieren nach Kontakt mit diesen Titanpartikeln mit der Freisetzung sog. proentzündlicher Zytokine. Die Reaktion der Makrophagen ist individuell verschieden und teilweise genetisch bedingt (1. Innovationssymposium der Neuen Gruppe  2019, Abstract Pathomechanismus der Titanunverträglichkeit).

 

Für Keramik-Implantate (z.B. Straumann Pure, Zeramex, Nobelpearl u.a.) sind die wissenschaftliche Dokumentation und die praktischen Erfahrungswerte gering. Hinsichtlich der Langlebigkeit müssen sich Keramikimplantate erst noch beweisen (ZMK 1/2, 2016). Prof. Smeets, Hamburg bezeichnet die Datenlage bezüglich Keramik-implantate als "effektiv zu dünn" bzw. als "nicht ausreichend" (Implantologie Journal 7/8 2016). Nach Prof. Strub gibt es nur für einteilige Keramik-implantate mit Einzelkronen und 3-bis 4-gliedrige Brücken 5-Jahresstudien mit vielversprechenden Ergebnissen, für zweiteilige Keramikinplantate dagegen keine entsprechenden Studien (DYW Orale Impl 1/2017). Trotz fehlender Langzeitergebnisse (!) hält Prof. Gahlert, ein renommierter Implantologe, ein zweiteiliges Keramikimplantat mit Karbonschraube (!) für eine zukünftige Alternative für etablierte (!) zweiteilige Titanimplantate (Implantologie Journal 7/8 2019).

 

Die wesentlichen Einsatzgebiete sind der Einzelzahnersatz (kein Beschleifen von gesunden (!) Zähnen), die implantatgetragene Brücke (Vermeidung von herausnehmbarem Zahnersatz) und die Befestigung vonTotalprothesen, die einen ungenügenden Halt aufweisen, mehr unter.. und hier

Der Eingriff kann in der Regel ambulant in der Zahnarztpraxis durchgeführt werden. In örtlicher Betäubung wird im Kieferknochen ein Implantatbett angelegt, in das dann das Implantat, meist schrauben- oder zylinderförmig, eingebracht wird. Das Implantat benötigt ca. 3  Monate um einheilen zu können. Erst danach kann die Versorgung mit Zahnersatz (Krone, Brücke usw.) erfolgen. In Ausnahmefällen kann das Implantat sofort belastet werden-

Prognose

Für die meisten (geschätzt 90 %) der in Deutschland auf dem Markt befindlichen Implantatsysteme (über 200 !) gibt es keine klinischen Studien. Solche sind auch für Medizinprodukte, zu denen Zahnimplantate gehören, (noch) nicht vorgesehen.


Für wissenschaftlich dokumentierte Implantatsysteme werden Überlebens-raten von ca. 90% auf 10 Jahre angegeben. Unabdingbar ist eine sehr gute Mundhygiene des Patienten.

Kosten
ab 1500 EUR für ein Implantat einschließlich Krone, von Ausnahmen abgesehen keine Kassenleistung.
Kostenvoranschlag in jedem Fall empfohlen, auch für Privatversicherte, da Privatversicherungen nicht immer alles bezahlen!



Einzelzahnimplantat

Einzelzahn-Implantat im Modell der Fa. Straumann
Röntgenkontrolle Einzelzahn-Implantat, Camlog

Festsitzender Zahnersatz (Brücken) auf Implantaten

Kronen und Brücken im Oberkiefer und Unterkiefer, implantatgetragen
Rein implantatgetragene Brücke im Rechten Oberkiefer
Dazugehöriges Röntgenbild nach 5 Jahren
Dieselbe Brücke von der Seite
Oberkiefer-Brücke auf eigenen Zähnen und Implantaten, Labor: Müller und Heitzer, Regensburg,Implantate Camlog, Dr. Dehen, Regensburg

Herausnehmbarer Zahnersatz auf Implantaten

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen herausnehmbaren Zahnersatz auf Implantaten zu befestigen: Magnete, Kugelkopfanker, Locatoren, Teleskope und Stege. Es gibt keine wissenschaftlich fundierte Gründe für die Bevorzugung eines dieser sog. Verbindungselemente.

 

KRENNMAIR ET AL. (DZZ 2014/6) schlussfolgern, dass keine evidenzbasierte Aussage bezüglich der Vor- und Nachteile eines bestimmten Retentionselementes getroffen werden kann.

Die S3-Leitlinie zur Versorgung des Oberkiefers  kann keine Empfehlung zur Wahl des Verankerungssystems geben.

 

Als Mindestanzahl für die Versorgung des zahnlosen Oberkiefers werden 4 Implantate empfohlen, diese sollen herausnehmbar versorgt werden. Mehr als 4 Implantate können herausnehmbar oder fest versorgt werden. Es kann aber aufgrund fehlender Langzeitdaten keine Empfehlung für festsitzende Versorgungen gegeben werden (Leitlinie).

 

Derzeit (Juni 2012) ist es nicht möglich, ein Behandlungskonzept auf hohem Niveau zur Versorgung des zahnlosen Oberkiefers mit Implantaten zu formulieren (IMPLANTOLOGIE 2/2012).

 

Nach dem sog. McGill Konsensus ist die Versorgung des zahnlosen Unterkiefers mit 2 Implantaten und Prothese darüber das Mittel der Wahl. Es gibt keine ausreichenden Daten für den Mehrwert von mehr Implantaten (IMPLANTOLOGIE 2012).

Zahnloser Unterkiefer mit Magneten auf 2 Implantaten, Modell
Prothese "eingesetzt", Modell
Kugelkopfanker auf Camlog-Implantat
Dazugehörige Matrize
Locatoren auf dem Gipsmodell
Prothese von "unten"
Locatoren mit dazugehöriger Prothese

 

 

KURZE und SCHMALE IMPLANTATE ("Miniimplantate", dimensionsreduzierte Implantate u.ä.)

 

Unter kurzen Implantaten versteht man Implantate mit einer Länge unter 8 mm wie z.B. das Osseospeed 4.0 S/6 mm der Firma Astratech, das nach Aussage dieser Firma ähnliche Erfolge aufweist wie die längeren Implantate (Scientific Review, March 2011). Mit diesen kurzen Implantaten kann man knochenaufbauende Massnahmen vermeiden.

 

WEYER & ENDRESS (Implantologie 2013/3) kommen zu folgendem Schluss:

"Die derzeit existierenden Daten zur Überlebenszeit von kurzen Implantaten zeigen bei korrekt gestellter Indikation kaum Abweichnungen zu Standardimplantaten".

Das 11. Expertensyposium des BDIZ im Februar 2016 stellte fest, dass die Anwendung von kurzen, angulierten oder durchmesserreduzierten Implantaten... eine verlässliche Therapieoption darstellt. Kurze Implantate sind Implantate gleich/kürzer 8 mm, schmale gleich/kleiner 3,75 mm.

 

Unter schmalen Implantaten (z.B. MDI-Implantate) werden prinzipiell Implantate mit einem Durchmesser < 3,5 mm (das schmalste hat einen Durchmesser von 1,8 mm) zusammengefasst. Es liegen vielversprechende Überlebensdaten für spezielle Indikationen vor, Langzeitdaten sind aber selten, und meist liegt kein wissenschaftlich fundiertes Studienprotokoll vor (SCHIEGNITZ & AL NAWAS, Implantologie 2013/3). Vor allem für ältere Totalprothesenräger scheinen Mini-Implantate eine effiziente, kostengünstige Lösung zu sein (MUNDT Et AL 2013, SOHRABI ET AL 2012).

 

Die 4-Jahres-Überlebensraten von MDI-Implantaten werden als akzeptabel beschrieben (MUNDT ET AL. 2014). Für den Oberkiefer werden 6, für den Unterkiefer 4 Implantate gefordert, bewiesen durch klinische Untersuchungen sind solche Zahlen nicht (EBENDA).

 

KÄMMERER & LEHMANN (Z Zahnärztl Impl 2013/3) fassen in einer Synposis zusammen: "Inzwischen existieren Hinweise darauf, dass die Mini-Implantate auch eine Langzeitalternative zu konventionellen Implantaten darstellen können, wobei Langzeitdaten, und diese insbesonder im Rahmen randomisierter und prospektiver  Studien hoher Evidenz, spärlich sind". BIDRA und ALMAS (J Prosthet Dent 2013) kommen in einer Metaanalyse zu dem Schluss, dass es keine Evidenz für das Langzeit-Überleben von Mini-Implantaten gibt.

 

ENKLING Et AL. (ZWR 2013/10) stellen für den Einsatz von Mini-Implantaten im zahnlosen Unterkiefer fest, dass Mini-Implantate  in diesem Fall ..."eine gut dokumentierte Behandlungsdoption" darstellen.

 

SOHRABI K. ET AL (Clin Oral Implants Res 2012/27) kommen zu dem Ergebnis, dass die Überlebensraten von Implantaten mit schmalem Durchmesser denen von Standard-Implantaten ähnlich sind.

 

BRÜLLMANN (DI 2014) schlussfolgert in seinem Literatur-Update, dass ...durchmesserreduzierte Implantate    momentan als sicher angesehen werden.

 

Vorteile... sind neben dem günstigen Preis eine minimalinvasive Einbringung und die mögliche Verwendung bei geringem horizontalen Knochenangebot.

 

Eine aktuelle ITI-Stellungnahme 2014 (zitiert in Quintessenz 05/2014) führt aus:

- Einteilige Miniimplantate mit einem Durchmesser unter 3 mm werden nur für  die Versorgung des zahnlosen Unterkiefers und nicht lasttragender Frontzähne empfohlen

- Zweiteilige Implantate mit 3 mm Durchmesser sind ausschliesslich zur Versorgung von seitlichen Schneidezähnen und Unterkieferfrontzähnen zugelassen

- Implantate mit einem Durchmesser von 3,3 bis 3,5 mm kommen fast in allen Indikationen zum EInsatz

 

 

 

ÜBERLEBENS-/ERFOLGSRATE IMPLANTATE GEGEN ALTERNATIVEN:

 

Die 10-Jahres-Überlebensraten von Implantatkronen und konventionellen Brücken sind in etwa gleich, ca. 89 % (nach SCHARF, S., teamwork 6/2013).

 

Parodontal geschädigte Zähne mit einem Knochenabbau bis zu 80% weisen bei entsprechender Nachsorge eine 10-Jahres-Überlebensrate von 87-96 % auf (nach SCHARF, S., temwork 6/2013):

 

Die Erfolgsrate von wurzelbehandelten Zähnen ist nach HANNAHAN und ELEAZER (J Endod 11/2008) identisch mit der von Implantaten, Implantate erfordern mehr Nachbehandlungen. Ähnlich Setzer und KIM in J Dent Res 1/2014.

 

 

KOSTEN FÜR IMPLANTATE UND DER ALTERNATIVEN:

 

Kosten für den Erhalt eines parodontal geschädigten Zahnes über 10 Jahre von ca. 25 EUR bis 150 EUR (SCHARF, S., teamwork 6/2013).

 

Kosten für den Ersatz eines Zahnes durch eine Brücke durchschnittlich 1650 EUR (SCHARF. S., teamwork 6/2013).

 

Kosten für den Ersatz eines Zahnes durch ein Implantat mit Krone durchschnittlich 2050 EUR (SCHARF, S., teamwork 6/2013).

 

Kosten für eine schwierige Wurzelkanalbehandlung an einem grossen Backenzahn (Molar) mit mehr als 3 Wurzelkanälen bis zu 1000 EUR.

 

 

 

ZITATE ZU IMPLANTATEN:

 

"Der Lack ist ein wenig ab, der Glanz der ersten Erfolgsjahre der Implantologie dahin" (Prof. Dr.Dr. Henning Schliephake auf dem Zahnärztetag der Zahnärztekammer Wesfalen-Lippe 2014, zitiert in Magazin DZW 02/2014).

 

Die beste Lösung ist immer ein Implantat (ein Vostandsmitglied der DGI/Bayern)

 

Das beste Implantat ist der eigene Zahn!

 

Auch parodontal geschädigte Zähne haben bei sorgfältiger Nachsorge eine höhere Überlebensrate als Implantate (Consensus-Statement internationaler Parodontologen  2008, Zitat in ZM 3 A 2012, ähnlich auch Prof. Lang auf der Frühjahrstagung der DGP in München 2012)

 

Auch bei Patienten mit einer sog. aggressiven Parodontitis weisen Implantate eine hohe Überlebensrate auf, diese ist aber geringer als bei parodontal gesunden Patienten (EUROPERIO 2012 RC 110).

 

Implantate sind kein Ersatz für Zähne, sondern für verloren gegangene Zähne! (Dr. Ackermann u.a.)

 

Implantate sind nicht das Ziel, sondern ein Mittel um ein bestimmtes Ziel zu erreichen! (Prof. Berglundh, Uni Göteborg) Es macht so gesehen keinen Sinn, möglichst viele Implantate in einen Kiefer zu "pflanzen".

 

Implantat gegen konventionelle Brücke: Kein Unterschied nach Prof. Pjetursson (DGP-Frühjahrstagung München, nach Spectator Dentistry 3/2012)

 

Dr. W. Kirchhoff, langjähriger Gutachter, hat anhand von Studien nachgewiesen, dass hinsichtlich des Langzeiterfolges konventionelle Brücken der implantologischen Versorgung  um den Faktor 4 überlegen sind (Hurrah-Implantologie).

 

Tipp von Dr. Ackermann, einem der renommiertesten Implantologen Deutschlands zur Reduzierung von Implantatmisserfolgen:

"Setzen Sie weniger Implantate. Manchmal sind andere Lösungen für den Patienten sinnvoller" (nach DZW 05/2012).